In einer italienischen Großstadt werden immer wieder besonders hübsche Ausländerinnen entführt und später grausam zugerichtet aufgefunden. Da es sich um ausländische Frauen handelt, interessiert sich die Polizei nicht besonders dafür, nur Inspektor Avolfi ist an dem Fall dran. Dieser ist allerdings selber durch schreckliche Ereignisse in seiner Kindheit geprägt. Als eine weitere Frau verschwindet, sucht ihre Schwester den Inspektor auf. Gemeinsam folgen sie einer heißen Spur…
Dario Argento…ein ganz Großer der 70er und auch noch der 80er Jahre. Ein filmischer Visionär, der das Giallo-Genre geprägt hat wie wenige andere und auch im Horror-Genre vor allem mit seinem „Suspiria“ ein Meisterwerk geschaffen hat. Seit dem grandiosen „Stendhal Syndrom“ teilen sich aber die Meinungen seiner Fans über die Qualität seiner folgenden Werke. Mit „Sleepless“ und „The Card Player“ lieferte er Standard-Gialli ab, die durchaus unterhaltsam sind, mit „Das Phantom Der Oper“ gibt es eine eigenwillige Literatur-Verfilmung, „Do You Like Hitchcock?“ ist eine leider etwas langatmige Verneigung vor dem amerikanischen Altmeister und „The Mother Of Tears“ war als Horrorfilm okay, als dritter Teil der so genannten „Mütter“-Trilogie jedoch eher schwach. Dazu hat Argento mit „Jenifer“ einen guten Beitrag zur „Masters Of Horror“-TV-Serie geleistet.
Nun also „Giallo“, was ganz offen eine Rückbesinnung auf seine Wurzeln sein soll. Die Kritiken zu diesem Werk sind fast durchgehend schlecht, aber werden sie dem Film gerecht? Grundsätzlich hat „Giallo“ erstmal eine Menge von dem, was einen Film in diesem Genre ausmacht. Zudem hat der Film eine Menge von dem, was nach einem Argento-Werk aussieht. Inklusive einiger Kamerafahrten, die aber selbstzweckhaft wirken…um Erinnerungen an frühere Werke zu wecken. Doch hier ist das Problem. Der Film sieht aus, als wenn er von jemandem gemacht wurde, der einen Argento-Film so genau wie möglich kopiert. Es wirkt aber eben nicht wie ein Argento-Film. Das gewisse Etwas fehlt, der ganz besondere Zauber, den Filme wie „Tenebre“, „Profondo Rosso“, „Suspiria“ und auch noch „Phenomena“ und „Stendhal Syndrom“ ausgestrahlt haben. Dabei hat Argento optisch und stilistisch durchaus den Weg in die Jetztzeit gefunden, ohne aber zu modern zu wirken. Thriller-Wegweiser wie „Das Schweigen Der Lämmer“ und „Sieben“ ignoriert er, ebenso den Einfluss von TV-Serien wie „C.S.I.“. Stattdessen inszeniert er fast schon klassische Krimikost, was gar nicht als böse Kritik gemeint ist. Fast alle „Giallo“-Regeln werden befolgt, nur die vielleicht wichtigste nicht: es gibt keinen maskierten Killer, dessen Identität erst am Ende aufgelöst wird. Stattdessen weiß der Zuschauer frühzeitig, dass es sich bei dem Mörder um einen debilen, grobschlächtigen Kerl handelt, der so hässlich ist, dass ihn die Schönheit anderer Menschen wütend macht und er diese zerstören muss. Warum er aber in der deutschen Synchro eine „Monster“-Stimme bekommen musste, wissen wohl nur die Produzenten, vom „Rambo“-artigen Aussehen mal ganz abgesehen. Das lässt ihn weniger bedrohlich, sondern einfach lächerlich wirken. Und man sieht ihn in einer Szene tatsächlich mit Schnuller im Mund vor Bildern seiner Opfer masturbieren…unglaublich…lächerlich. Allgemein ist vieles am Drehbuch recht unglaubwürdig und konstruiert, aber da will ich gar nicht so sehr drauf eingehen.
Die Darsteller leisten insgesamt ordentliche Arbeit, aber auch nicht mehr als gerade mal gefordert wurde. Manchmal denkt man, die wollten das Ganze möglichst schnell hinter sich bringen. Dabei sind hier durchaus namhafte Mimen am Werk, was deutlich macht, dass Argento immer noch einen guten Namen hat. Offenbar hat dem Regisseur nach längerer Zeit mal wieder ein größeres Budget zur Verfügung gestanden, optisch ist der Film jedenfalls der heutigen Zeit angemessen, allerdings auch ein wenig glatt und kaum mit den ungewöhnlichen Kameraeinstellungen und Farbspielereien von Argento versehen. Möglicherweise ein Entgegenkommen an die Geldgeber, um den Film mainstreamtauglich zu machen. Gleiches dürfte wohl auch für blutige Details gelten. Zwar gibt es einige sehr kurze blutige Momente, aber da ist man aus der Vergangenheit anderes von dem Italiener gewohnt.
Trotz all dieser Kritik ist „Giallo“ ein ganz unterhaltsamer Thriller geworden, der recht straight daher kommt. Man sollte beim Ansehen nur versuchen, nicht immer im Hinterkopf zu haben, dass der Film von Dario Argento ist, denn dafür fehlt einfach zu viel, was man in der Vergangenheit lieben gelernt hat. Also: ein zwiespältiges Werk…guter Thriller. Aber: ein schlechter Argento-Film, denn hier fehlt das Wichtigste…Atmosphäre. Warten wir mal ab, was er mit den „Dracula“-Stoff macht, an dem er gerade arbeitet.
Die deutsche Blu Ray Disc ist bei Sony erschienen. Die Bild- und Tonqualität sind einwandfrei. Beim Ton kann man zwischen Deutsch und Englisch wählen und wenn man möchte kann man deutschsprachige Untertitel zuschalten. Das Bonusmaterial beschränkt sich auf den Trailer, was klar macht, dass Sony hier eine möglichst billige Veröffentlichung wollte, um den Gewinn zu maximieren. (A.P.)
|